„Haben auf die Fresse bekommen“HSV-Profis zweifeln trotz Klatsche nicht am Aufstieg

Das Überraschende an dem 2:4 des Zweitliga-Tabellenführers HSV gegen Eintracht Braunschweig war die Art und Weise. Die Spieler sind selbstkritisch, Selbstzweifel sollen aber nicht aufkommen.

Jedes Mal, wenn in den Katakomben des Volksparkstadions die Tür zur Kabine von Eintracht Braunschweig aufging, dröhnte Ballermann-Musik zur Feier des Abends durch die Mixed-Zone. Dort versuchten die frustrierten Spieler des Hamburger SV den Journalisten zu erklären, was sie sich selbst so nicht erklären konnten.

„Wir haben ganz klar auf die Fresse bekommen“, sagte Verteidiger Daniel Elfadli und zog damit das passende Fazit für das unerwartete 2:4 des Zweitliga-Tabellenführers gegen den Abstiegskandidaten aus Niedersachsen.

Die Niederlage gegen Braunschweig war nicht unglücklich, sondern verdient

Statt sechs Spieltage vor dem Saisonende einen weiteren Schritt Richtung Aufstieg ins Fußball-Oberhaus zu machen, gerieten die Hamburger ins Stolpern. Die bittere Erkenntnis dabei: die Niederlage war nicht unglücklich, sie war hochverdient gegen die mutigen Braunschweiger.

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„Das Größte, was mich einfach stört und was mich nervt, also wirklich nervt, dass wir es nicht geschafft haben, unsere Art und Weise von Fußball auf den Platz zu bringen“, sagte Cheftrainer Merlin Polzin. „Das war ein gebrauchter Tag und tat auf jeden Fall weh.“

Nichts hatte auf diesen Leistungsabfall des HSV nach den Vorstellungen der vergangenen Wochen hingedeutet. Vom Offensivfußball, der Energie, der Souveränität wie zuletzt beim 3:0 in Nürnberg war an diesem Freitagabend nichts zu sehen. Viele der 57.000 Zuschauer gingen enttäuscht schon weit vor dem Schlusspfiff.

„Es geht um eine grundsätzliche Haltung, wie wir unseren Fußball interpretieren“, sagte Polzin. „Ich kann damit leben, wenn Fehler passieren, weil es immer darum geht, wie wir darauf reagieren. Aber ich habe ein Problem damit, wenn wir kein Risiko eingehen, einen Fehler zu machen.“

Seit der 34-Jährige Ende November als Nachfolger von Steffen Baumgart vom Co- zum verantwortlichen Trainer befördert wurde, erlebte er das erste Mal einen herben Rückschlag. Es war zwar erst die zweite Niederlage des HSV in 16 Spielen unter seiner Führung. Doch anders als das 0:2 beim SC Paderborn Anfang März nach guter Vorstellung warf diesmal die Leistung Fragen auf. Diese muss Polzin nun schnellstens beantworten.

Es ehrt ihn, dass er keine Ausreden suchte. Das Fehlen des zuletzt überragenden Mittelfeld-Antreibers Ludovit Reis (Gelbsperre) und des starken Linksverteidigers Miro Muheim (etwa drei Wochen Pause nach Muskelfaserriss in der Wade) waren dem HSV-Spiel deutlich anzumerken. Für Polzin zählten ihre Ausfälle als Erklärung nicht.

„Ich betone immer wieder die Stärke, die wir in der Breite des Kaders haben“, sagte der junge Trainer. „Wir wollen das Ganze nicht auf Einzelne runterbrechen, sondern die Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen, die soll auch unabhängig von einzelnen Spielern sein.“

HSV-Restprogramm: Schalke, KSC, Darmstadt, Ulm und Fürth

Die Spiele bis zum Saisonende sind beim FC Schalke 04, gegen den Karlsruher SC, bei Darmstadt 98, dem SSV Ulm und zum Abschluss bei der SpVgg Greuther Fürth. Polzin und seine Spieler bemühten sich vor der Schlussphase der Saison, Zweifel am Erreichen des Ziels Aufstieg nicht aufkommen zu lassen.

„Wir werden das Spiel inhaltlich aufarbeiten. Wir stehen zusammen. Das ist das, was uns auszeichnet“, sagte der Cheftrainer. „Es gehört zum Fußball dazu, dass man ein Spiel verliert. Über die Art und Weise, da werden wir noch sprechen, aber dann greifen wir am Montag wieder an.“

Seine Spieler gaben sich immerhin selbstkritisch. In der Pause sei es laut geworden in der Kabine, meinte Elfadli. „Da wird sich klar die Meinung gesagt. Das ist auch wichtig. Es bringt nichts, wenn wir lieb miteinander reden, sondern wir müssen da Klartext sprechen, und das machen wir.“

An der Ausgangsposition vor der Endphase der Saison hat sich in der Tabelle nur wenig geändert: Der HSV geht als Tabellenführer in die letzten fünf Spieltage, weil der 1. FC Köln ebenfalls am Freitagabend nur zu einem 1:1 in Fürth kam.

Das war aber nicht für jeden ein Trost. „Das ist mir so egal. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie egal mir das ist“, sagte Hamburgs Doppel-Torschütze Davie Selke. Eines wollte er aber versprechen: „Auf Schalke werden wir zu 100 Prozent eine Reaktion zeigen.“ (dpa)