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Ein Stück Karnevals-GeschichteGisela seit 50 Jahren hinter der Sartory-Theke – „Menschliche bleibt auf der Strecke“

Gisela Mölken gießt ein Sektglas ein.

Seit 50 Jahren steht Gisela Mölken hinter der Sekttheke im Sartory. Solange die Gesundheit noch mitspielt, wird sie weitermachen, denn auch wenn sich alles verändert hat, der Karneval liegen ihr am Herzen.

Seit 77 Jahren wird in den Sartory-Sälen in Köln Karneval gefeiert. Gisela Mölken steht inzwischen seit 50 Jahren an der Bar. Zum Jubiläum gab es rote Rosen und Ballons. Die gute Seele der Theke blickt zurück.

Die Bläck Fööss stehen seit 55 Jahren auf der Bühne, dicht gefolgt von den Höhnern mit 53 Jahren. Im Sartory in der Friesenstraße gibt es eine Frau, die beide Karrieren und viele andere fast komplett miterlebt hat.

Seit 77 Jahren gehören die Sartory-Säle in der Friesenstraße zum Kölner Karneval. Gisela Mölken steht in dieser Session bereits seit 50 Jahren hinter der Sekt-, Champagner- und Cocktail-Theke. Die 79-Jährige ist ein echt kölsches Urgestein im historischen Haus.

Sartory-Säle in Köln: Seit 77 Jahren Heimat vieler Karnevalsvereine

Eine Freundin hat ihr damals zum Job verholfen. „Brigitte suchte Verstärkung und nachdem ich es mir angeschaut hatte, war ich direkt begeistert. Mit ihr habe ich 38 Jahre zusammen hinter der Theke gestanden, bis sie krankheitsbedingt aufhören musste. Seit zwölf Jahren mache ich den Job nun allein“, erzählt die 79-Jährige im EXPRESS.de-Gespräch.

Alles zum Thema Dreigestirn

Während die Bar heute den neuesten Standards entspricht, waren die Anfänge eher provisorisch. „Da mussten wir jede Stunde neues Wasser zum Spülen holen, weil es keinen Wasseranschluss gab“, erinnert sich Mölken. „Ich könnte ein Buch über den Sartory und seine Gäste schreiben“.

In fünf Jahrzehnten habe sich jedoch vieles geändert. „Früher war es eine ganz andere Zeit und Atmosphäre. Die Gäste standen bei mir an der Theke, tranken ihren Sekt, haben erzählt und viel Blödsinn gemacht. Es fühlte sich fast so an, als wären wir alle miteinander verwandt gewesen. Diese Zeiten gibt es leider nicht mehr.“

So wie die Gäste waren auch die Karnevalsgesellschaften für ihre schrägen Ideen bekannt. „Ich kann mich noch an Kurt Ludes, den damaligen Präsidenten von Alt-Köllen, erinnern. Der hat sich in jeder Session etwas Verrücktes einfallen lassen. In einem Jahr ist er nicht mit seinem Elferrat einmarschiert, sondern mit einem Pferd in den Saal geritten“, sagt Gisela lachend.

Rosen und Ballons für Gisela Mölken im Sartory.

Seit 50 Jahren steht Gisela Mölken (M.) hinter der Sekttheke im Sartory. Zum goldenen Jubiläum wurde sie von Gastroleiterin Natascha Schulten (l.), ihrem Chef Marcus Sartory und von allen 70 Angestellten mit roten Rosen überrascht

Heute sei zwar alles viel fortschrittlicher, dafür aber auch hektischer. „Für meinen Geschmack bleibt viel zu oft das Menschliche und der Gedanke, was Karneval eigentlich vermitteln will, auf der Strecke.“ Auch die Karnevalsstars der damaligen Zeit hätten viel mehr Zeit gehabt. „Da saßen wir mit kölschen Legenden wie Horst Muys, Ludwig Sebus oder Hans Süper an einem langen Tisch in der Küche und haben gemeinsam gegessen und gequatscht. Es war alles unheimlich familiär.“

So wie viele Künstler hätte sich auch das Kölner Dreigestirn früher noch ein Glas Sekt vor dem Auftritt gegönnt. „Heute haben die drei kaum Zeit, um mal Hallo zu sagen, weil ihr Terminkalender so eng getaktet ist.“ Eine Jungfrau wird die 79-Jährige nie vergessen: „Als die Blauen Funken 1996 mit Kurt Görgens als Prinz, Bauer Ewald Kappes und Jungfrau Fro Kuckelkorn das Dreigestirn gestellt haben, stand die Jungfrau eines Abends vor ihrem Auftritt bei mir an der Theke. Sie war jedoch total schlecht geschminkt.“

Blick auf die Preisliste an der Sartory-Theke.

Extra für Gisela Mölkens Jubiläums-Session wurde die Tafel an ihrer Theke neu gestaltet.

Die freundliche Thekenkraft besserte nach und schminkte die Jungfrau erneut. Der damalige EXPRESS-Fotograf Zik sah die Szene und schoss direkt ein Foto. Zur Überschrift „Saalfrau schminkt Jungfrau im Sartory“ erschien das Bild groß in der Zeitung. „Das war ganz dünnes Eis für mich, schließlich arbeitete ich damals nebenbei im Sartory“, sagt Gisela. „Zum Glück sah mein damaliger Chef das entspannt. Es sei schließlich meine Sache, was ich in der Freizeit machen würde, meinte er. Da ist mir ein Stein vom Herzen gefallen.“

In der laufenden Session finden in den Sartory-Sälen 44 Veranstaltungen statt. „So lange die Gesundheit noch mitspielt, werde ich weitermachen. Auch wenn sich alles verändert hat, die Karnevalisten liegen mir am Herzen“, sagt die gute Seele von der Bar. „Ich bin froh, dass ich das alles erleben durfte. Es hat sich zwar viel in den letzten 50 Jahren verändert, aber geblieben ist die Sartory-Familie. Das haben wir Marcus Sartory zu verdanken, denn er hat dies von seinem Vater Carl übernommen.“