Illegale Hanf-PlantageKölner trifft weltberühmten Drogen-Dealer: Plötzlich nur noch Panik

Howard Jones raucht einen Joint

Howard Marks, hier raucht er einen Joint 2012 in Barcelona, starb 2016 im Alter von 70 Jahren.

Frank Steffan ist Musik-Fachmann, kritischer Fan des 1. FC Köln und betreibt seit 40 Jahren den Verlag „Edition Steffan“. Zum Jubiläum schildert er EXPRESS.de die wohl verrückteste Geschichte seines Beruflebens.

von Jan Wördenweber  (jan)

Köln. Mit „Kölsch Rock“, einem Blick in die Kölner Musik-Szene mit Zeltinger, Bläck Fööss, Niedecken und Co., startete die „Edition Steffan“. Das war 1981. Das Jahr, in dem Verleger Frank Steffan zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben fest angestellt war: als Chefredakteur der ersten deutschen Ausgabe des „Rolling Stone“.

40 Jahre später ist es Zeit, zurück zu blicken und zu feiern. Anlässlich seines Jubiläums schildert Steffan, der auch bei den FC-Filmen über das Double und Heinz Flohe mitmischte, die wohl irrste Geschichte seines Beruflebens: Als er 1999 mit dem weltgrößten Dealer für Haschisch und Cannabis („Dope“) unterwegs war: Howard Marks. Und dann passierte Heftiges, wie Steffan für EXPRESS.de schreibt.

Kölner Verleger Frank Steffan: Mit Howard Marks auf illegaler Hanfplantage

„Ab Ende der 90iger Jahre verlegte ich die Bücher von Howard Marks. Marks war in den 70iger und 80iger Jahren der weltgrößte Dopedealer. 1987 wurde er in Spanien verhaftet, in die USA gebracht und dort zu 25 Jahren Hochsicherheitsknast verurteilt. Er kam vorzeitig frei, wurde nach England abgeschoben. 1996 veröffentlichte er das Buch „Mr. Nice“, in dem er seine Lebensgeschichte erzählte. Das Buch wurde in England mit 1,3 Millionen verkauften Exemplaren ein handfester Bestseller.

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Ich lernte Marks 1998 kennen. 1999 sollte eine Filmdokumentation über ihn in Deutschland erscheinen. Ich fuhr deshalb nach Wien, um Material zu drehen. Marks hatte in einem Headshop einen Lesungsauftritt, den ich filmte. Danach kamen die Inhaber auf Marks zu und wollten ihm stolz eine absolut illegale Hanfplantage zeigen. Ich konnte mitkommen. Es ging über Hinterhöfe zu einem Haus, in dessen Keller eine riesige Hanfplantage verborgen lag.

Howard Marks und Frank Steffan (r.) unterhalten sich.

Nach der irren Begegnung auf der Hanf-Plantage lernten sich Howard Marks und Frank Steffan kennen und schätzen: Hier unterhalten sich die beiden bei einem Treffen in London (undatiertes Foto).

Die Plantage war High Tech, alles nur von Feinsten. Im Vorraum sah es allerdings wie in Bagdad nach einem Bombenanschlag aus, total runtergekommen. Marks bekam alles vorgeführt und ich filmte ihn dabei. Ich sah durch die Kamera, dass irgendwas nicht mit ihm stimmte. Er wurde kalkweiß im Gesicht und brach zusammen. Die Freaks schleppten ihn in den versifften Vorraum, wo zufällig ein altes Sofa stand. Darauf legten sie ihn. Ich immer mit dabei, filmte. Marks war völlig weggetreten, kam nicht wieder zu sich.

Nach und nach trollten sich die Freaks, und am Ende stand ich mit Marks alleine da, zig Meter unter der Erde in Wien, in einer illegalen Hanfplantage. Irgendwann begann Marks zu röcheln, mir wurde angst und bange. Erst jetzt dämmerte mir: Ich befinde mich alleine mit dem ehemals größten Dopedealer der Welt in einer Hanfplantage, und wenn ich Pech habe, stirbt mir der Mann vor Ort weg! Wie sollte ich das alles halbwegs plausibel erklären?

Panik überkam mich. Ich schaute nach, wie weit es bis auf die Straße ist, hob ihn hoch, um zu sehen, ob ich ihn tragen kann. Ich legte ihn wieder hin und dachte nach. Ich entschloss mich, ihn zu nehmen und raus zu tragen, nur weg aus der Plantage! Dann irgendwo ein Telefon finden (Handys gab's damals schon, aber ich hatte null Verbindung), einen Arzt holen und hoffen, dass alles glimpflich abgeht.

Frank Steffan hält ein Prospekt zu seinem Firmenjubiläum in den Händen.

Frank Steffan feiert 40-jähriges Bestehen seiner „Edition Steffan“.

Ich wartete noch ein bisschen ab, sah mir den nach Luft schnappenden Marks an und packte ihn mir. Ich wollte ihn mir über die Schulter legen. Kaum hatte ich ihn hochgehoben, wachte er zu meinem größten Erstaunen auf. Putzmunter guckte er mich an und sagte: „I got a bong! I got a bong!“ Ich verstand nicht, was er meinte. Bong? Was für ein Bong?

Ich kiffe nicht, um das klarzustellen und bin auch nicht mit der Kiffersprache vertraut. Er erklärte mir, dass er zum ersten Mal in seinem Leben zu viel Dope geraucht und davon einen Kreislaufkollaps, in Fachkreisen „Bong“ genannt, bekommen habe! Von einer Sekunde zur anderen war der Mann wieder munter.

Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie lange ich in diesem Kellerloch mit dem einstmals größten Dopedealer der Welt gewesen war. Es ist zwar alles gut gegangen, aber wenn ich mir heute vorstelle, was aus der Sache hätte werden können... Prost Mahlzeit.

Marks war eine der interessantesten Gestalten, die mir in den 40 Jahren über den Weg gelaufen sind. Hoch intelligent, sehr witzig, sehr unterhaltsam. Es entwickelte sich eine echte Freundschaft. Er war oft in Köln, wohnte dann meistens bei mir im Haus. 2007 machten wir eine riesige Lesetour durch Deutschland. Premiere in Köln, „Kantine“. Der Laden war mit 500 Leuten ausverkauft. Auch in anderen Städten lief es ähnlich. Marks verstarb leider 2016 an Krebs. Nicht etwa an Lungenkrebs, wie jeder vermuten würde, sondern an Darmkrebs, der nicht mehr operabel war.“