Interview

„Intensive, aufregende Zeit“Annette Frier verrät, was für sie der „Sechser im Lotto“ war

Annette Frier am 19. April 2024 in Rust.

Annette Frier achtet darauf, mit ihren Rollen nicht in einer Schublade zu landen. Das Foto zeigt die Schauspielerin im April 2024.

Schauspielerin Annette Frier hat mit EXPRESS.de über ihre gleich drei neuen Filme, ihre Teenager-Kinder und Spaß am Theater gesprochen.

von Horst Stellmacher  (sm)

Ihre Fans können wieder schwelgen. Gleich dreimal steht Kölns Annette Frier (50) in diesen Wochen im Mittelpunkt besonderer TV-Premieren: Am 19. September ist sie bei „Überväter“ dabei, am 29. September erleben wir sie an der Seite von Henning Baum (51) im Herzkino „So weit kommt's noch“.

Und schon vorher – am 12. September – liefert sie sich einen weiteren Nach-Ehe-Zweikampf mit Christoph Maria Herbst (58) in der neuen Folge von „Merz gegen Merz“ (alle 20.15 Uhr im ZDF und in der ZDF-Mediathek). Zeit für ein ausführliches Gespräch.

Annette Frier: Quotenerfolg mit Christoph Maria Herbst

„Merz gegen Merz“ begann als Sitcom mit 45-minütigen Folgen. Jetzt wird einmal im Jahr – das zweite Jahr in Folge – ein 90-Minüter gezeigt. Zufrieden mit der Entwicklung?

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Annette Frier: Sehr sogar. Vorher war alles wie in einer Pralinenschachtel, aus der nur Häppchen serviert wurden. Da durfte man kurz probieren, der Rest der Packung verschwand wieder, weil die Zeit nicht reichte. Durch den Formatwandel sind die Geschichten runder geworden, man kann viel mehr Gefühle rausholen, ohne die Komik zu verlieren. Die Figuren können besser atmen, haben endlich den Platz, der ihnen zusteht. Dadurch ist ein vollkommen neuer Spaß entstanden.

Es sind schon 25 Geschichten über die gescheiterte Ehe der Merzens und dem Leben der beiden im Danach erzählt worden – immer noch Lust, das weiterzuspielen?

Annette Frier: Jaaa! Verrückt. Wir haben alle Bock und sind bereit. Fehlt nur noch die offizielle Erlaubnis vom ZDF für Teil 26. Nein, Stopp! Haben wir ja schon. Kann also losgehen.

Sie spielen die taffe Anne, die sich im steten Kampf mit ihrem Ex befindet. Eine Frau, die sich nichts gefallen lässt – aber auch nicht ganz ohne ist. Könnten Sie sich so eine Frau als Ihre Freundin vorstellen?

Annette Frier: Ich glaube schon, ich mag sie, mit all ihren Schwächen und Zweifeln und Stärken. Anne ist eine Frau, die in der Mitte ihres Lebens steht, und vieles von ihrem Alltag, den wir erzählen, steht in direkter Nachbarschaft zu dem, wie ich mein Leben führe, und was ich in meinem Alltag erlebe. Die Rolle ist meinem eigenen Temperament verwandter als das vieler andere Figuren, die ich gespielt habe.

Obwohl sie geschieden sind, sind die beiden sich näher als viele Ehepaare, die nicht geschieden sind. Glauben Sie, dass das dem wahren Leben entspricht?

Annette Frier: Ich denke, dass es oft so läuft. Menschen haben mitten in einer Lebenskrise die Absicht, die Verbindung mit ihrem ihnen ehemals sehr nahestehenden Partner endgültig aufzukündigen – aber das passiert dann langfristig nicht. Viele bleiben auch nach einer Trennung immer irgendwie verbunden, aus den verschiedensten Gründen. Da ist das Leben dann größer als eine eigene kleine Entscheidung.

Die Ex-Ehepartner Erik (Christoph Maria Herbst) und Anne (Annette Frier) können sich eigentlich nicht ausstehen.

Sie liebten sich, sie zoffen sich: „Merz gegen Merz“ mit Christoph Maria Herbst und Annette Frier.

Mit diesem Film können Sie ein Berufsjubiläum feiern – im August vor 30 Jahren waren Sie in einer Folge von „Familie Heinz Becker“ erstmals im TV. Drei Jahre später kam dann der endgültige Durchbruch als Vivi Andraschek in „Hinter Gittern“. Wenn Sie mal zurückblicken: War es eine gute Rolle für Sie?

Annette Frier: „Hinter Gittern“ war das bestbezahlte Praktikum meines Lebens, es war absolutes Versuchsfeld für mich. Wie könnte ich da von einer schlechten Rolle sprechen? Da habe ich gelernt, was Dreharbeiten sind. Besseres kann einem nicht passieren, wenn man die Schauspielschule verlässt. Ich wollte unbedingt nach Berlin, und ich wollte unbedingt spielen. Mit „Hinter Gittern“ habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, um im Bild zu bleiben.

Schauen Sie sich manchmal noch alte Folgen davon an?

Annette Frier: Nein. Aber neulich bin ich nachts zufällig in eine alte Folge geraten – das ist dann schon eine Begegnung der anderen Art. Nach ein paar Minuten hab ich weitergezappt …

Was war die wichtigste Rolle für Ihre Karriere?

Annette Frier: Ganz klar „Danni Lowinski“. Ein Riesenerfolg für mich, mein Sechser im Lotto. Danni war auf vielen Ebenen ein Geschenk. Sie fiel mit meiner wichtigsten Lebenszeit zusammen: Ich war Mitte 30 und bin kurz vorher Mutter geworden. Das war eine sehr intensive, aufregende Zeit.

Wenn man auf Ihren Lebenslauf schaut, sieht man, wie ungeheuer fleißig Sie gewesen sein müssen – so viele Filme. Wie lange wollen Sie das noch so machen?

Annette Frier: Ja, wenn ich das auf einer einzigen Seite aufgeschrieben sehe, kommt es mir selbst sehr viel vor. Früher war ich aber auch kaum zu bremsen.

Was heißt das?

Annette Frier: Ich habe damals oft mehrere Jobs gleichzeitig gemacht, täglich Dreharbeiten plus zum Wochenende noch eine („Schiller“-)Show. Ich bin oft von einem Set zum nächsten gerannt. Das mache ich jetzt so gut wie nicht mehr. Ich möchte mich, wenn ich irgendwo hinkomme, nicht dafür entschuldigen, dass ich zu spät gekommen bin, weil ich woanders nicht wegkonnte.

Wie sieht Ihr Arbeitsleben aus?

Annette Frier: Ich arbeite weniger, mache die eine Sache ganz und gar, und versuche mich währenddessen nicht mit anderen Dingen zu verzetteln. Ich habe auch keine Angst mehr, dass ich was verpasse, wenn ich Rollen absage. Das war mir als Anfängerin nicht möglich. Und ich drehe so oft es geht in Köln, versuche das im Vorfeld abzusprechen. Bei diesen Entscheidungen mitzureden ist nach 25 Berufsjahren natürlich einfacher als nach der Schauspielschule.

Wonach suchen Sie Ihre Rollen aus?

Annette Frier: Nach der Freude, die ich beim Lesen des Drehbuches habe. Wenn ich da schon mit dem Grübeln beginne und mich fragen muss, was die Figur, die ich spielen soll, grundsätzlich will, weiß ich, dass die weitere Lektüre zäh werden könnte.

Haben Sie einen Karriereplan?

Annette Frier: Natürlich nicht. Ich bin die Treppe langsam hochgestiegen, es bestand nie die Gefahr, dass ich mal ganz tief stürze. So soll es auch bleiben. Allerdings achte ich sehr darauf, dass ich mit meinen Rollen nicht in einer Schublade lande.

Man sagt, je älter Frauen werden, desto schwerer haben sie es im Film- und TV-Geschäft. Ist das so?

Annette Frier: Ich kann das für mich nicht so linear beschreiben. Ich bin mir allerdings bewusst, dass ich oft sehr großes Glück hatte. Ich sehe, wie mühsam der Beruf für viele, sehr tolle Frauen in meinem Alter sein kann. Aber ich denke, da bewegt sich auch was, da bricht was auf. Es gibt jetzt Stoffe, die es vor 20 Jahren für eine Schauspielerin in meinem jetzigen Alter so nicht gegeben hat – Frauen dürfen jetzt auch im Film älter werden und das auch bespielen. Stichwort: Menopause. Hell Yeah, sie ist in der Gesellschaft angekommen.

Annette Frier: „Köln kommt mir immer wieder dazwischen“

Früher haben Sie uns mal erklärt, dass Köln Ihre Heimat sei – aber, dass Sie auch gern mal woanders leben möchten. Berlin erschien Ihnen als erste Anlaufstelle …

Annette Frier: Ich habe es auch oft mit Berlin probiert – aber nie wurde was draus. Köln kam mir immer wieder dazwischen. Jetzt habe ich die Sache erst mal liegen gelassen und warte, bis die Kinder aus dem Haus sind. Dann werd ich's vielleicht noch mal versuchen. Aber nach ein paar Monaten komme ich wahrscheinlich spätestens an Weiberfastnacht wieder.

Ihre Kinder sind mittlerweile 16. Haben die beiden auch Interesse an Schauspielerei?

Annette Frier: Ja, Interesse ist vorhanden, allerdings auch an vielen anderen Berufen. Am meisten Interesse haben sie zurzeit an sich selbst. Das sei ihnen von Herzen gegönnt. Ich kann mich gut an dieses Alter erinnern, alles neu, alles aufregend, große Skepsis aber auch Neugier, was da wohl kommt im Erwachsenen-Leben.

Sie standen in Köln viele Jahre immer wieder auf der Theaterbühne – ist das für Sie vorbei?

Annette Frier: Nein, ich werde weiterhin spielen, auch wenn aus Zeitgründen zwischendurch mal längere Durststrecken entstehen. Das Bauturm-Theater ist beispielsweise immer noch eine Herzensangelegenheit für mich. Wer weiß, vielleicht machen wir bald mal wieder was zusammen.

Annette Frier: Gemanagt wird sie von ihrer Schwester

Annette Frier (geboren am 22. Januar 1974 in Köln) besuchte die Schauspielschule „Der Keller“, spielte von 1997 bis 2001 in „Hinter Gittern – der Frauenknast“, von 2000 bis 2002 in „SK Kölsch“ und der „Wochenshow“ (Sat.1), von 2004 bis 2009 in der „Schillerstraße“. Bis 2014 mimte sie „Danni Lowinski“ und war 2013 im schon legendären „Dinner op Kölsch“ zu sehen. 2016: „Nur eine Handvoll Leben“, 2017 „Das Pubertier“, seit 2017 macht sie die Satiresendung „Kroymann“.

Von 2018 bis 2022: „Ella Schön“. Seit 2019: „Merz gegen Merz“. Sie ist für ihre Arbeit mit vielen Fernsehpreisen ausgezeichnet worden. Annette Frier ist seit 2002 verheiratet mit Drehbuchautor und Regisseur Johannes Wünsche (69). Sie ist Mutter der Zwillinge Josefina Fritzie und Bruno Maria. Ihre Schwester Caroline Frier (41) ist ebenfalls Schauspielerin, Schwester Sabine ist ihre Managerin. Die Familie wohnt in Köln.