Millionengewinn täuschtFC-Bosse verteidigen ihre Strategie – Finanzlage weiter angespannt

1. FC Köln, Lanxess-Arena, Mitgliederversammlung: Philipp Türoff, Markus Rejek.

Die FC-Geschäftsführer Markus Rejek (l.) und Philipp Türoff präsentierten auf der Mitgliederversammlung am Mittwoch (27. September 2023) die aktuellen Zahlen des Vereins.

Die Geschäftsführung des 1. FC Köln hat auf der Mitgliederversammlung die Zahlen der Saison 2022/23 vorgelegt. Diese sehen deutlich verbessert aus. Gleichzeitig erläuterten sie auch das Vorgehen am Transfermarkt.

von Marcel Schwamborn  (msw)Jürgen Kemper  (kem)

Vor einem Jahr bezeichnete Geschäftsführer Philipp Türoff (47) den 1. FC Köln als „finanzwirtschaftlichen Sanierungsfall“. Zur diesjährigen Mitgliederversammlung am Mittwoch (27. September 2023) konnte der Finanz-Boss bessere Zahlen zur Saison 2022/23 präsentieren.

„Ich bin deutlich entspannter und besser gelaunt als vor einem Jahr“, sagte er im Vorfeld in einer Medienrunde. Mit 172,2 Millionen Euro Jahresumsatz und einem Gewinn von 12,4 Millionen sehen die Zahlen der Kapitalgesellschaft deutlich besser aus. Das positive Eigenkapital ist zudem von 3,2 Millionen auf 15,7 Millionen Euro erhöht worden. „Das ist ein starkes Ergebnis“, sagt Türoff.

1. FC Köln: 172,2 Millionen Euro Umsatz, Verbindlichkeiten 50,5 Mio.

Gleichwohl tritt sein Geschäftsführer-Kollege Markus Rejek (55) ein wenig auf die Euphoriebremse. „Die Zahlen sind beachtlich. Wir haben in vielen Erlösbereichen Rekordergebnisse erzielen können, dürfen dennoch nicht vor Glück besoffen sein und müssen alles relativieren. Die Verbindlichkeiten sind von 66 auf 50,5 Millionen Euro gesunken, sind aber immer noch beachtlich.“ EXPRESS.de dokumentiert, wie die FC-Bosse über verschiedene Themen denken.

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Positive Geschäftszahlen: „Wir haben vor allem durch Sondereffekte ein starkes Jahr mit einem guten Ergebnis hingelegt“, sagt Türoff. Gemeint ist die Teilnahme an der Conference League mit über 13 Millionen Euro Umsatz. Zudem wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr durch die Abgänge von Anthony Modeste und Salih Özcan ein Transferüberschuss von rund 10 Millionen Euro erzielt.

1. FC Köln, Lanxess-Arena, Mitgliederversammlung: Steffen Baumgart.

FC-Trainer Steffen Baumgart sang bei der Mitgliederversammlung die Hymne engagiert mit.

„Mit großer Disziplin sind wir unserem Ziel nähergekommen, den FC in seinen Kostenstrukturen so aufzustellen, dass zukünftig auch ohne Sondereffekte positive Geschäftsergebnisse erreicht werden können“, sagt Türoff. Dadurch, dass vor dieser Saison einige Großverdiener (Andersson, Horn, Hector, Skhiri) den Verein verlassen haben, wären weitere Maßnahmen getroffen worden, um den FC perspektivisch positiv aufzustellen.

Bereits „verfrühstückte Einnahmen“: Während der Corona-Pandemie wurden im großen Umfang Sponsoreneinnahmen der kommenden Jahre schon verkauft, um im Eigenkapital positiv zu bleiben. „Im abgelaufenen Geschäftsjahr fehlten daher schlicht 12,5 Millionen Euro im Portemonnaie. Wir sind in bestimmten Stellen gut ausvermarktet, aber das Geld ist schon weg. Wenn ab der Saison 2024/25 diese Summen wieder voll zur Verfügung stehen, ist das eine Perspektive. Der FC hat da Regenerationspotential.“

Die FC-Strategie: „Wir haben Geld verwendet, um zu tilgen“, sagt Türoff. „Gleichzeitig haben wir auch Investitionen in die Zukunft getätigt, durch neues Flutlicht, neue Plätze und Renovierungsarbeiten.“ Am Geißbockheim fahre man weiter „auf Sicht“. Der Geschäftsführer erklärt: „Wie sollen wir hier einen Dreijahres-Investitionsplan machen, wenn uns seit Jahren Dinge versprochen werden, die nicht passieren“.

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Daher verteidigt auch Rejek die derzeit laufenden Investitionen ins Geißbockheim, auch wenn die FC-Zukunft möglicherweise in Marsdorf liegen könnte. „Selbst wenn irgendwann mal eine Frage geklärt wird, die seit zehn Jahren wie eine düstere Wolke über dem Geißbockheim liegt, wird das nicht in den nächsten fünf bis sieben Jahren passieren. In dieser Zeit wird hier weiter Frauen-Fußball im Franz-Kremer-Stadion gespielt. Und da war ein neues Fluchtlicht Pflicht.“

Die sportliche Situation: „Wir müssen weiter jeden Euro umdrehen. Wir investieren dann, wenn wir glauben, dass wir das Richtige an Leistung oder Perspektive kriegen“, verteidigt Türoff die zurückhaltende Transferpolitik. „Es ist klar, dass nun beim Start mit einem Punkt nach fünf Spielen die Fragen laut werden. Die Haltung bei uns ist, lieber in Potenzial zu investieren und nicht einfach einen Namen zu präsentieren. Wir müssen nur sehen, dass sich der Tabellenplatz wieder beruhigt. Den Weg halten wir weiterhin für richtig“.

1. FC Köln: Rekord-Einnahmen bei Ticket- und Merchandise-Verkauf

Dem pflichtet Kollege Rejek nur bei. „Wir werden nicht jeden Euro in den rechten Zeh des linken Verteidigers stecken können. Uns sind Themen wichtig, um den FC nachhaltig nach vorne zu entwickeln. Natürlich haben wir derzeit wenig Punkte, das ist aber eine Momentaufnahme.“

Die Sponsoring-Erlöse: Mit 46,8 Millionen Euro wurde ein Rekordwert durch Ticket- und Merchandise-Erlöse erzielt. 81.960 verkaufte Trikots – 30.000 davon Heim-Dress, 18.000 Jubiläums-Outfit – sind auch Bestwert. „Wir hätten uns da die Schulnote 2 verdient“, sagt Rejek. „Wir erleben in der Welt der Sport-Vermarktung zum ersten Mal seit 25 Jahren eine Delle. Inflation, Corona und Krieg hinterlassen auch beim Sponsoring Spuren. Dennoch hat sich Fußball, zumindest in Köln, nach der Pandemie wieder als das Lagerfeuer der Stadt etabliert“.